Wenn abrupte Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Alltag werden, werden das Unternehmen, die fragil und ohne Optionen sind, nicht lange überleben. Wer robust genug ist, übersteht es mit einigen Blessuren. Ideal wäre es natürlich, aus solchen Veränderungen gestärkt hervorzugehen.
Wie soll das gehen? Sie haben sicher schon mal gehört, dass jemand einige Zeit nach einer schlimmen Erfahrung sagte, dass dies das Beste war, was ihm passieren konnte. Einschneidende Erfahrungen zwingen manche auf die Knie, andere dazu, über sich selbst hinaus zu wachsen, Lösungen zu finden.
Je länger ein Unternehmen ein profitables Produkt produziert, einen lukrativen Markt bedient hat, umso weniger ist man auf drastische Änderungen vorbereitet. Man ist fragil geworden.
Ziel muss sein, antifragil zu sein, also solche Ereignisse nicht nur robust zu überstehen, sondern gestärkt daraus hervorgehen.
Dazu hat der Bestseller- Autor Nassim Nicholas Taleb ein lesenswertes Buch geschrieben: “Antifragilität”.
Diversifizierung ist der Weg, widrige Ereignisse zu überstehen. Es bedeutet nichts anderes als Handlungsoptionen zu haben und nutzen zu können:
- Produktdiversifizierung
Produkt ist all das, was ein Unternehmer oder Unternehmen erschafft, einem Abnehmer Nutzen bringt, für den er bereit ist, mehr zu zahlen, als die Herstellung insgesamt gekostet hat.
Zu den Faktoren, die diesen Normalablauf stören können, zählen Wettbewerb sowie veränderte wirtschaftliche und regulatorische Bedingungen. Meist ist das absehbar, kann eingeplant und ausgeglichen werden.
Und dann gibt es die Schwarze-Schwan-Ereignisse, an die bis zu ihrem Auftauchen niemand gedacht hat.
Beispiele können sein, dass Hauptabnehmer bzw. Hauptlieferant ausfallen, das zentrale Produkt oder einzige Produkt plötzlich nicht mehr produziert oder verkauft werden kann. Was bis vor kurzem eher unwahrscheinlich war, ist es inzwischen nicht mehr.
Es ist unumgänglich, auf solche Änderungen vorbereitet zu sein, und nicht nur auf dem Papier. Dazu ist Brainstorming angesagt, um widrige und bisher undenkbare Ereignisse zu identifizieren, eine Strategie zu haben, um deren potentiellen Einfluss auf das Produktportfolio zu minimieren.
- Marktdiversifizierung
Fiktives Beispiel: Ein Unternehmer hat über Jahre mit Erfolg Gas-betriebene Heizstrahler verkauft, womit Restaurants in Deutschland das sommerliche Geschäft verlängern konnten. Das lief so gut, dass er unangefochtener Marktführer ist und sich ausschließlich darauf konzentriert hat. Völlig überraschend gibt es nun eine neue gesetzliche Regelung, die den Einsatz seiner Produkte verbietet. Ab sofort.
Pech für die deutschen Biergarten-Besucher, und für den Unternehmer. Oder?
Es gibt Optionen. In Skandinavien sind die Sommernächte auch nicht wärmer und die Leute sitzen dort ebenso gern im Freien, beim Bier oder Elchbraten. Kurz bevor der Unternehmer dort eine kostspielige Marketingaktion startet, erfährt er, dass das Verbot EU-weit gilt, womit Schweden und Dänemark ausfallen.
Wo sonst macht das Sinn? Die Weltkarte wird konsultiert: Kanada und Japan im Norden, Chile und Argentinien im Süden bieten sich als neue Absatzmärkte an.
- Standortdiversifizierung
Das typische mittelständische Unternehmen ist als Familienbetrieb entstanden und in seiner Heimatregion verwurzelt.
Trigema und sein Chef Wolfgang Grupp sind dafür ein Musterbeispiel und zugleich eine Ausnahmeerscheinung.
Internationalisierung im Mittelstand begann, wenn überhaupt, mit Exportaktivitäten in Nachbarländer, später mit Produktionsverlagerungen, um kostenmäßig wettbewerbsfähig zu bleiben. Inzwischen gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die in Erwägung gezogen werden. Bürokratie, wie im Beispiel Biontech, ist einer davon.
Demzufolge ist Standortdiversifizierung heute für viele Mittelständler ein Thema, das sie in der Vergangenheit vom Tisch geschoben haben. Die Verbundenheit mit der Region, mit dem Land, hat viele dazu gebracht, Alarmsignale in der gesamtwirtschaftlichen oder Standortentwicklung zu ignorieren. Loyalität macht aber keinen Sinn, wenn Unternehmen und Unternehmer gefährdet werden.
Wer einmal innehält und sich umschaut, wird feststellen, dass wichtige Standortfaktoren anderswo besser sein können und qualifizierten Unternehmen der rote Teppich ausgerollt wird. Warum also nicht dahin gehen, wo man bessere Bedingungen findet?
Die wichtigen Standortfaktoren für den qualifizierten Mittelstand können je nach Branche, Region und Unternehmenszielen variieren, aber im Allgemeinen gibt es einige grundlegende Faktoren, die für mittelständische Unternehmen von Bedeutung sind.
- Arbeitskräfteverfügbarkeit & Qualifikation
- Infrastruktur
- Sicherheit & Stabilität
- Lebensqualität
- Steuerliche Rahmenbedingungen
- Zugang zu Märkten
- Finanzierungsmöglichkeiten
- rechtlich/regulatorische Rahmenbedingungen
- Innovations- & Forschungsinfrastruktur
Es ist wichtig, zuerst Ziele einer kompletten oder teilweisen Verlagerung zu definieren, um dann eine gründliche Standortanalyse durchführen zu können.
- IP-Sicherung
IP steht für Intellectual property oder geistiges Eigentum. Typische Beispiele sind Patente und Warenzeichen, selbst entwickelte Software, Prozesse und proprietäre Technologien.
Diese in einer separaten Gesellschaft, idealerweise im Ausland zu halten und auf vertraglicher Basis zu nutzen, ist im Insolvenzfall überlebenswichtig. Solche für ein Unternehmen essentiellen Werte können nämlich schnell zu Geld gemacht, damit dem angeschlagenen Unternehmen entzogen werden, was eine erfolgreiche Fortführung oder Neugründung meist unmöglich macht.
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